Petra LemmerzPetra Lemmerz





Wir schließen die Augen. Was passiert? eine hoch flüchtige Welt von optischen Erscheinungen unter den Augenlidern offenbart sich uns. Wir möchten sie vergeblich festhalten, ihre pulsierende Veränderlichkeit stillstellen. Wir sind eingetreten in das geheimnisvolle Reich der entoptischen Phänomene. Doch ein Versuch, dieser Erscheinungen habhaft zu werden, steht offen: ihre Transformation in das Reich profaner Sichtbarkeit durch die Hand eines Künstlers.
Zu denjenigen bildenden Künstlern, die sich dieser Übersetzungstätigkeit angenommen haben, zählt die gebürtige Karlsruherin Petra Lemmerz. Auf die Tatsache, dass entoptische Phänomene auf den Augapfel der jeweiligen Person beschränkt bleiben, reagiert sie mit einer genau entgegengesetzten Geste: Auf großen, extrem langgezogenen Formaten realisiert sie ihre vergrößerten Versionen entoptischer Farben- und Formenspiele. Von besonderer Bedeutung ist dabei ihr Arbeitsverfahren: Sie begießt die auf dem Boden liegende Weinwand so mit Farbe, dass die Farbe auf ihr schwimmt. Durch geringfügige Verlagerung der Leinwandebene beeinflusst sie dann den Farbfluss und die Ballungen und Ausdünnungen der Farbpigmente. So kann sich beim Betrachter im mehrfachen Sinn der Eindruck der Bodenlosigkeit ihrer essenziellen Farbräume einstellen.
Ihre neuen Bilder sind während eines Stipendiumsaufenthalts an der Villa Romana in Florenz entstanden. Petra Lemmerz betitelt ihre Ausstellung La Limonaia und erinnert damit an den Künstler Max Klinger, der sein Atelier so benannte und der 1905 die Florentiner Villa erworben hatte.

Rüdiger Heise / Applaus Kultur-Magazin, 10/2004

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