Felicitas Gerstner: Nr. 020 Nr. 06 - 08 W 1, Enkaustik/Holz, zweiteilig, 70 x 175 cmFelicitas Gerstner




Ausstellungsinformation 2011



"Songbirds dream of singing", Malerei
28.05.2011 - 29.07.2011



Mit einem traumverlorenen Titel wirbt die Ausstellung der Münchner Künstlerin Felicitas Gerstner um eine intensive Wahrnehmung ihrer Bilder. So wie nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen unsere gefiederten Freunde im Traum antizipatorisch ihren Gesang vorwegnehmen, so findet im Prozess des Malens eine vorausgegangene innere Gestimmtheit den Weg in die Wirklichkeit. Häufig wird der Bildbetrachter im Ausstellungsbetrieb an einer horizontal ausgeloteten Linie auf Augenhöhe durch den Raum geführt. Klassisch nennt man die Hängung, wenn sich die Bilder an der Oberkante oder Unterkante der Rahmen ausrichten. Ruhe, Konzentration auf das Bildgeschehen soll dabei erzeugt werden.

Anders bei Felicitas Gerstner. Der Besucher betritt einen Ausstellungsraum, der ihm zunächst ein harmonisches Gefühl vermittelt, das auf den Gesamtklang der Farben zurück zu führen ist. Dann aber lenken Akzente der peripheren Wahrnehmung die Aufmerksamkeit auf Bilder, die bewusst außerhalb der horizontalen Hängung in Augenhöhe positioniert sind. Mit ihren Farbtafeln setzt Felicitas ihre hohen und tiefen Akkorde in den Raum und lässt sie schwingen.

Dabei zeigen die Bilder von Felicitas Gerstner eine geordnete Oberfläche von außergewöhnlicher Farbintensität und eine hohe Sensibilität für fein ausgelotete Farbvaleurs. Durch subtile Farbnachbarschaften ergeben sich flirrende Vibrationen, bei denen das Auge des Betrachters in Rastern oder strukturgebenden Streifen einen Halt sucht. Doch unvermeidbar verfällt er damit einem tiefem liegenden Rhythmus der Farbklänge, die durch keinen Rahmen beengt werden. Im All over der Farbflächen erscheint es , als ob man in ein Labyrinth gelotst werde, durch das man durch klingende Kadenzen wieder sanft zurück an den Anfang geführt wird.

Es ist kein flüchtiges oder diffuses Träumen, mit dem die Künstlerin ihre auf Polaritäten beruhenden Farbtafeln aufbaut, sondern ein langwieriger und handwerklich ausgeklügelter Prozess. Ihre Werke entstehen vorzugsweise in der Technik der Enkaustik. Dabei werden Farbpigmente in flüssigem Wachs gebunden und auf Holz aufgetragen. Diese alte Technik, mit der die Ägypter ihren Mumienportraits über Jahrhunderte hinweg sinnlich erfahrbare Farbintensität gaben, nutzt die Künstlerin für ihre Bildsprache. Nach einer vorausgegangenen Skizze trägt Felicitas Gerstner ihre koloristisch alternierende Farbfelder Schritt für Schritt auf dem Trägermaterial Holz auf und erzeugt im Auge des Betrachters verwirrende Bewegungsrhythmen, die ein Farbspiel von spielerischer, schwirrender Leichtigkeit vermitteln und den komplizierten Herstellungsprozess vergessen lassen.

Ihre geometrisch organisierten Bilder lassen Assoziationen zu Rasterstrukturen zu, wie es das Computerbild mit seiner Auflösung in einzelne Pixel zeigt. So gibt sich ihr farbintensives, rhythmisches Mosaiksystem gleichzeitig in seiner Aussage hoch aktuell und dennoch zeitlos klassisch in seiner alten Technik der Ausführung.

zurück